Wer nicht (richtig) wirbt - der
stirbt"...
Öffentlichkeitsarbeit als Teil
moderner Vereinsführung
Seit einigen Jahren vollzieht sich in der Blasmusikszene in
Deutschland eine stille Revolution. Orchester und Vereine entwickeln
sich langsam aber allmählich zu kleinen Dienstleistungsunternehmen. Von
allen Seiten steigen die Ansprüche und Anforderungen in vielerlei
Hinsicht. Professionelle Aus- und Fortbildung, vermehrt Originale
Literatur, multimediale Konzerte, "bewußte" zeitgemäße
Jugendarbeit, modernes Vereinsmanagement, Projekt-Denken u.v.m., sind
vielerorts keine Fremdwörter mehr. Und das ist auch gut so. Nun fragen
wir aber einmal Otto Normalbürger auf der Straße, was ihm zum Thema
"Blasmusik und Vereine" denn so alles einfällt. Antworten
darauf erhält man dann in Fernsehsendungen á-la Musikantenstadl &
Co. Andererseits - wir haben es nicht besser verdient! "Tue Gutes -
und sprich auch bitte darüber" - dieser goldenen Regel und
gleichzeitig auch nicht wegzudiskutierendem "Muß" sollten
sich alle Verantwortlichen viel mehr widmen. Wohlgemerkt -
"Öffentlichkeitsarbeit", und davon ist hier ja die Rede, muß
nichts mit Selbstbeweihräucherung oder Lobhudelei zu tun haben.
Angemessene Präsentation und Information über die eigenen Ziele und
Aktivitäten sollten als Verpflichtung gegenüber den eigenen
Mitgliedern und der Öffentlichkeit angesehen werden. Wir beklagen uns
über fehlende notwendige Unterstützung und Akzeptanz in der
Bevölkerung, in der Politik und sogar in den eigenen Reihen und hemmen
gleichzeitig - Geheimbünden gleich - den so wichtigen Informationsfluss. Die Gründe hierfür sind vielfältig.
"Gut gemeint" und "gut gemacht"
Eine Ursache
ist aber sehr häufig anzutreffen und äußerst bemerkenswert: Viele
Verantwortliche glauben tatsächlich, daß alle Menschen um sie herum
über die ach so tollen Vereinsziele und Ideale bestens im Bilde seien!
Man kann diesen Damen und Herren nur dringendst empfehlen, einige
"unschuldige" Mitbürger und sogar einige Vertreter aus den
eigenen Reihen einmal erzählen zu lassen, was sie alles über das
betreffende Orchester/Verein wissen. Aber Vorsicht, die Antworten
hierauf werden garantiert sehr ernüchternd sein! Fehlende
Öffentlichkeitsarbeit ist das eine Problem. Doch was nützt es, und
damit wären wir beim nächsten Problem, wenn Öffentlichkeitsarbeit
zwar vorhanden aber uneffektiv ist. Hier gilt leider oft die traurige
Weisheit, daß "gut gemeint", oft das Gegenteil von "gut
gemacht" ist. Ein Trost bleibt dennoch - Öffentlichkeitsarbeit
funktioniert immer bekannten Regeln, man braucht das "Rad"
also nicht noch einmal zu erfinden. Einige Kreis- und Landesverbände
bieten mittlerweile sogar entsprechende Workshops zu diesem
Themenbereich an. Übrigens sollten die restlichen Fachverbände in
diesem Land diesbezüglich auch etwas mehr ihrer satzungsgemäßen
Pflicht nachkommen. Wie, Bitteschön, soll die Blasmusikszene denn
ernstgenommen werden, wenn nicht einmal in höchsten Verbandsebenen der
ehrliche Mut da ist, immer wieder stolz darauf hinzuweisen, daß hier
gesellschafts- und kulturpolitisch Wertvollstes geschaffen wird! Um ein
kleines Beispiel zu nennen: Die positiven Auswirkungen des
Gruppenmusizierens auf die geistige und soziale Entwicklung stellt
gerade bei junge Menschen einen nicht hoch genug einzustufenden Wert
dar. Geben wir unseren Mitmenschen doch die Chance, zu wissen, was da
bei uns eigentlich so "abläuft".
"Donnersberger Blasmusiktage"
Jede Art von
Präsentation und Information ist hinsichtlich Inhalt und Form
natürlich sehr variabel und immer auch sehr vielfältig.
"Die" Lösung gibt es nicht. Es wird immer eine Verflechtung
vieler Komponenten sein ebenso eine Mischung von Machbarem und
Unmachbarem. Auch müssen regionale Besonderheiten berücksichtigt
werden. Einen vielleicht etwas ungewöhnlichen Weg beschritt jetzt der
Musikkreis Donnersberg (Rhld-Pfz) in seiner Eigenschaft als
Kreismusikverband. Das komplette Spektrum der Szene einer möglichst
großen Öffentlichkeit näher zu bringen, das war das erklärte Ziel
und wurde realisiert im Rahmen der "Donnersberger Blasmusiktage
2000". Da man in dieser Region mit "Blasmusik" keine
Stadien würde füllen können, beschloß man erstmals eine Kooperation
mit drei geeigneten regionalen Großveranstaltungen mit Messe- oder
Marktcharakter (bei deren Organisatoren man natürlich offene Türen
einrannte). Insgesamt 15.000-20.000 "ahnungslose" Besucher
waren somit sicher!! An geeigneten Plätzen wurden in Open-Air-Manier
die wichtigsten "Themen" von regionalen Musikgruppen
vorgestellt. Da war z.B. eine Musikalische Früherziehungsgruppe des
örtlichen Kindergartens. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie
spielerisch und doch konzentriert die Kleinen mit ihrer Betreuerin von
der örtlichen Kreismusikschule gemeinsam Musik erleben. Der richtige
und rechtzeitige Einstieg in die Welt der Musik sind eben das A und O.
Daraufhin zeigten Blockflötengruppen verschiedenen Alters ihr Können.
Unterrichtet werden auch sie von der lokalen Kreismusikschule oder
geeigneten Lehrern der örtlichen Musikvereine. Zu hören waren auch
viele Jugendblasorchester mit ihrer frischen, modernen Literatur, die
alle Zuhörer faszinierte. Viele Passanten konnten kaum glauben, daß
14-18 Jährige bereits solche musikalische Leistungen vollbringen
können. Die Lehrer der Kreismusikschule und der Musikvereine leisten
hier gute Arbeit. Ein Workshoporchester hat mehrere Tage
zeitgenössische, sinfonische Literatur geprobt und entführte die -
teilweise verdutzten - Zuhörer in völlig neue Klangwelten. Schon
wesentlich vertrauter waren da die swingenden Rhythmen der Big-Band des
Musikkreises. Ein Auswahlorchester der besonderen Klasse und - ebenso
wie ein Saxophonquintett - ein weiterer hörbarer Beweis für das breite
Literatur- und Besetzungsspektrum in der Blasmusik. Zum Beliebtheitsgrad
der volkstümlichen Blasmusik, die natürlich ebenfalls präsent war,
braucht hier wohl nicht eigens eingegangen zu werden.
Meinungsumfrage und Filmdokumentation
Alle
Veranstaltungen wurden konsequent durchmoderiert - zum besseren
Verständnis einerseits und andererseits um den
"Informationscharakter" dieser Kampagne zu verdeutlichen. (Ein
verrauchtes Festzelt mit Speisen- und Getränkeausschank wäre
sicherlich der falsche Rahmen gewesen.) Ein Informationsstand mit
Printmaterial sowie Plakat- und Fotowände waren obligat. Der
"Erfolg" dieser Blasmusiktage wurde in Form der Ergebnisse
einer schriftlichen Meinungsumfrage unter dem Publikum interpretiert.
Presseberichte vor, während und nach dieser Informationsreihe
verdeutlichten die Absicht der Veranstalter. Eine Filmdokumentation im
örtlichen ‚Offenen Kanal' schließt eine weitere
"PR-Lücke". Um aber auch den Informationsfluß nach
"Innen" zu forcieren, erhalten schließlich alle
Mitgliedsvereine einen Videomitschnitt dieses Filmbeitrages.
Verschiedene Medien nutzen
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß das Publikum über die
"Hintergründe" der Blasmusikszene nicht nur äußerst
überrascht und neugierig war sondern auch die Form dieser
Präsentationskampagne für angemessen hielt. Die "Donnersberger
Blasmusiktage" sollen daher künftig auch an anderen Standorten
fortgesetzt werden. Das Medium "Rundfunk" soll dabei
miteinbezogen werden. Ganz neu ist in diesem Zusammenhang noch das
Bestreben des Musikverbandes zu erwähnen, Bläserensembles
verschiedenster Couleur künftig auch auf die regionalen
Kleinkunstbühnen zu bringen. Als neue "Informationszentrale"
des Musikkreises Donnersberg agiert seit einiger Zeit nun die eigene
Verbands-Homepage. Unter www.musikkreis-donnersberg.de gibt es rund um
die Uhr Informationen über sämtliche Verbandsaktivitäten sowie
allgemeine Blasmusik-Links. Kein anderes Medium ermöglicht es, über
die eigenen "Ziele und Wege" permanent zu berichten -
vorausgesetzt, man weist permanent auch auf diese Möglichkeit hin.
Dieser Beitrag erschien in der Zeitschrift
„M-Musik zum Lesen“,
Ausgabe 12/2000
(neuer Name: "Brawoo")
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